Ein Merkmal bösartiger Tumore ist, dass sie unkontrolliert wachsen und streuen können. Als Folge hiervon entwickeln sich bei einigen Patienten Komplikationen und Beschwerden, die unter Umständen einer gesonderten Behandlung bedürfen.
Hierzu gehören beispielsweise Tochtergeschwülste (sog. Metastasen) in den Knochen, die insbesondere beim Prostatakrebs, beim Brustkrebs und bei Lungenkrebs auftreten, grundsätzlich aber von jedem Tumor verursacht werden können. Solche Knochenmetastasen ziehen oftmals verschiedene Probleme nach sich. So ist ein tumorbefallener Knochen in der Regel deutlich weniger stabil wie ein gesunder Knochen, d. h. es besteht die erhöhte Gefahr von Brüchen. Zudem gehen die knöchernen Tumorabsiedelungen meist mit Schmerzen einher. Ebenso tritt häufig eine Erhöhung des Kalziumwertes im Blut auf, was wiederum Übelkeit, Durst, Verwirrtheit und Herzrhythmusstörungen bedingen kann.
Die Therapie der Wahl besteht in der Gabe knochenstabilisierender Medikamente. Dies sind zum einen die sog. Bisphosphonate. Dabei handelt es sich um Präparate, die alle vier Wochen als Tropf gegeben werden und die den Knochenaufbau fördern und den Abbau hemmen. Der betroffene Knochen wird dadurch wieder stabiler, aber auch die Schmerzen werden positiv beeinflusst und der Kalziumwert sinkt. Eine sehr seltene, aber unangenehme Nebenwirkung der Bisphosphonate ist die sog. Kiefernekrose. Dabei handelt es sich um eine knöcherne Veränderung im Bereich des Kieferknochens, die sehr schmerzhaft sein kann und eine langwierige Behandlung erfordert. Betroffen sind insbesondere Patienten, bei denen kurz vor oder kurz nach der Bisphosphonatgabe ein größerer zahnärztlicher Eingriff durchgeführt wurde und Patienten mit kranken („schlechten“) Zähnen. Seit einiger Zeit steht ein weiteres Präparat zur Behandlung von Knochenmetastasen zur Verfügung, das im vierwöchigen Abstand als Spritze in die Bauchdecke gegeben wird und mindestens ähnlich effektiv ist wie die Bisphosphonate.
Neben diesem medikamentösen Vorgehen ist die Strahlentherapie ein wirksames Verfahren bei Knochenmetastasen; gelegentlich muss der vom Tumor befallene Knochen auch operativ stabilisiert werden. Welches Verfahren das jeweils Beste ist, entscheidet der behandelnde Arzt gemeinsam mit dem betroffenen Patienten.
Eine weitere Komplikation bei Tumorerkrankungen ist die Bildung von Flüssigkeit in Körperhöhlen wie dem Bauch- oder Brustraum. Bauchraumwasser (sog. Aszites) wird vor allem bei Tumoren gefunden, die im Bauchraum wachsen oder dorthin absiedeln. Typische Beschwerden des Aszites sind eine rasche Zunahme des Bauchumfanges, Völlegefühl und Appetitlosigkeit sowie Bauchschmerzen und Verdauungsstörungen. In Abhängigkeit vom Ausmaß der Beschwerden kann das Bauchwasser abgelassen werden. Hierzu wird mittels Ultraschall die geeignete Punktionsstelle aufgesucht und großzügig örtlich betäubt; anschließend wird eine dünne Nadel bis zum Bauchwasser vorgeschoben und die Flüssigkeit (oftmals mehrere Liter) langsam abgelassen. Selbstverständlich kann diese Punktion ambulant durchgeführt und bedarfsweise wiederholt werden. Auch im Brustraum, genauer zwischen Lungen- und Rippenfell, kann sich Flüssigkeit bilden, insbesondere bei Patienten mit Brust- oder Lungenkrebs. Die mögliche Folge ist Luftnot, da der sog. Pleuraerguss die Lunge zur Seite drängt. Nach dem Ablassen des Ergusses – das Vorgehen ist sehr ähnlich wie bei der Aszitespunktion - lässt die Luftnot bei den meisten Patienten rasch nach. Auch dieser Eingriff kann ambulant erfolgen und nach Bedarf mehrfach wiederholt werden.
Bei vielen Tumorpatienten kommt es im Laufe ihrer Erkrankung zur Blutarmut, der sog. Anämie. Diese kann zu Abgeschlagenheit und Schwäche, aber auch zu Luftnot und Kreislaufstörungen führen. Da eine konkrete und behandelbare Ursache für die Blutarmut nur ausnahmsweise gefunden wird, empfehlen wir den Patienten, die unter dem Zellmangel leiden, die Übertragung von Blut. Wie lange der positive Effekt einer solchen Übertragung vorhält, ist von Patient zu Patient unterschiedlich, aber vielfach muss die Blutgabe, die in der Ambulanz durchgeführt wird und etwa ein bis zwei Stunden dauert, wiederholt werden. Eine Alternative zur Blutübertragung ist die Verabreichung des Bluthormons EPO, das, je nach Präparat, ein bis drei Mal wöchentlich in die Bauchdecke gespritzt wird. Ob diese Therapie, von der leider nur weniger als 50 Prozent der Patienten profitieren, definitiv greift, kann erst nach mehreren Wochen beurteilt werden, so dass sich das EPO zum Ausgleich einer akuten Blutarmut nicht eignet.
Eine Thematik, die vielen Patienten Sorge bereitet, sind tumorbedingte Schmerzen. Die Ursachen solcher Schmerzen können vielfältig sein: Zum einen sind Tumore selbst bzw. ihre Absiedelungen in der Lage, durch ihr verdrängendes Wachstum unmittelbar Schmerzen auszulösen, zum anderen können die Neubildungen aber auch indirekt schmerzhafte Beschwerden verursachen, beispielsweise indem durch den Tumor Nerven gequetscht oder Hohlorgane wie der Gallengang oder der Darm verlegt werden. Für die Auswahl der richtigen Schmerztherapie spielen aber nicht nur die Schmerzstärke und –lokalisation eine wichtige Rolle, sondern z. B. auch die genaue Art des Schmerzes, der Schmerzcharakter und ob der Schmerz dauerhaft oder nur in bestimmten Situationen auftritt. Bevor Ihr Arzt Ihnen Ihre Schmerzmittel (sog. Analgetika) verordnet, ist daher ein ausführliches Gespräch erforderlich. Es gibt aktuell eine Fülle von Medikamenten zur Behandlung von Schmerzen, und in aller Regel gelingt es, durch eine auf jeden einzelnen Patienten individuell zugeschnittene Kombination verschiedener Präparate eine gute Schmerzkontrolle bei zugleich guter Therapieverträglichkeit und Lebensqualität zu erzielen. Sollte dies aber nicht gelingen, bestehen die Möglichkeiten einer stationären Aufnahme zur Schmerzeinstellung oder zur Überweisung zu einem der hiesigen niedergelassenen Schmerztherapeuten, mit denen wir eng zusammen arbeiten. Nicht selten kann auch die Strahlentherapie helfen, Schmerzen zu kontrollieren, und in Einzelfällen ist sogar ein entlastender operativer Eingriff empfehlenswert. Übrigens: Der Erfolg einer Schmerztherapie hängt ganz wesentlich von den Informationen ab, die Ihr Arzt von Ihnen bekommt, denn nur dank Ihrer Aussagen zu Effektivität und Nebenwirkungen der Schmerztherapie kann er die Behandlung so anpassen, wie es erforderlich ist. Ein offener und ehrlicher Austausch mit Ihrem Arzt ist somit die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Schmerztherapie!
Oft beobachten wir bei unseren Patienten eine tumorbedingte Gewichtsabnahme. Neben den erwartbaren Folgen wie Müdigkeit und Schwäche führt ein deutlicher Gewichtsverlust aber auch zu Störungen des Immunsystems mit dem erhöhten Risiko von Infektionen, zu depressiven Verstimmungen und, in der Summe, zu einer Abnahme der Lebensqualität. Daher ist es wichtig, dass die Patienten, bei denen eine Gewichtsabnahme droht oder bereits eingesetzt hat, frühzeitig erkannt und unserem Ernährungsteam vorgestellt werden. Von den dortigen Spezialisten wird der Ernährungsstatus eines jeden Patienten exakt erfasst. Dies ist die Basis für eine persönlich angepasste Ernährungstherapie. Die Empfehlungen reichen von eher einfachen Maßnahmen wie der Anpassung und Umstellung der Ernährung über die ergänzende Gabe von hochkalorischen Trinklösungen bis hin zur Applikation der Nahrung über die Vene. Voraussetzung hierfür ist die Anlage eines sog. Port-Katheters, der in einem kleinen chirurgischen Eingriff unterhalb des rechten oder linken Schlüsselbeins eingepflanzt wird und über den in der häuslichen Umgebung über Nacht eine individiuell gemischte Nahrungslösung in den betroffenen Patienten einläuft. Die meisten Patienten profitieren von diesen Ernährungstherapien rasch und nachhaltig, insbesondere im Hinblick auf eine Besserung der Lebensqualität.
Neben den hier beispielhaft aufgeführten tumorbedingten Komplikationen gibt es zahlreiche weitere Störungen wie hormonelle Verschiebungen, neurologische Beschwerden aller Art, Magen-Darm-Probleme und so fort. Diese Komplikationen können anfangs nur gering ausgeprägt sein, daher sollten Sie im Gespräch mit Ihren Ärzten alle Veränderungen oder Beschwerden, die Ihnen auffallen, thematisieren, auch wenn sie vermeintlich banal erscheinen. Denn je früher wir Ärzte von Ihren Problemen erfahren, desto eher können wir Ihnen helfen.